Sonntag, 23. März 2008

Auf Shikoku

Doch bevor wir beginnen, ein Photo vom Biwa-See, dem größten See Japans, den ich während einer Zugfahrt passiert habe.




Na denn.
Auf Anraten eines Freundes (David aus dem Sommer, und weil es einfach dazugehört), habe ich auch einen Tagesausflug auf die Insel Shikoku (四国) vor einiger Zeit gemacht. Wörtlich bedeutet der Name 4 Länder, da sie in 4 Provinzen eingeteilt wurde, aus denen die heutigen Präfekturen entstanden. Ich bin mittels Bus von Kobe aus, via Awaji, eine kleine Insel zwischen Honshu und Shikoku, wohin früher abgesetzte Kaiser ins Exil geschickt wurden, in die östliche Präfektur Tokushima und die gleichnamige Präfekturhauptstadt gefahren, wo ich auch wunderbares Sushi zu Mittag gegessen habe. Shikoku gilt als Geheimtip für seinen besonders guten Fisch was auch auffällt da überall der Küste entlang Fischnetze ausgebracht sind. Zwischendurch habe ich einen kleinen Zwischenstop auf der Brücke von Awaji nach Shikoku gemacht, da es dort eine besonders schöne Aussicht auf das innere Meer gibt. Auch ist eine beliebter Platz für Touristen, da sich unterhalb der Brücke riesige Strudel bilden. Da dies aber nur zu Flut und Ebbe passiert, habe ich es leider nicht erlebt, sondern die Strudel nur auf Plakaten gesehen, sie scheinen aber beeindruckend zu sein.
Anschließend bin ich mit dem Zug weiter in die Kagawa-Präfektur gefahren, und irgendwo mitten am Land in einer kleinen Stadt ausgestiegen. Man lernt dort eine Seite von Japan kennen, die so ganz anders ist, als man es aus dem Fernsehen und den großen Städten gewohnt ist, und die Ausländer somit nur selten zu Gesicht bekommen. Besonders merkt man es auch an den Reaktionen der Einwohner auf die Anwesenheit eines Gaijin, man ist es ja gewohnt, daß die Leute einen ab und zu anstarren, aber es ist eben eine ganz neue Ebene.
Kinder die gerade noch plappern, brechen beim Anblick mitten im Satz ab, alte Menschen, deren Blick aussieht, als würden sie sich fragen, ob die Amerikaner nun doch noch eine Invasion durchführen, und das Schulmädchen, das aufgeregt ihren Freundinnen oder Eltern erzählt, daß sie auf dem Heimweg von einem Gaijin angesprochen und auf japanisch(!) nach dem Weg zum Bahnhof gefragt wurde (okay, daß sie das getan hat, ist nur eine gewagte Vermutung von mir, aber durchaus eine realistische Annahme).

Das Ganze erzeugt aber keineswegs negative Gefühle, da die Japaner es nicht böse oder feindselig meinen, sondern eben nur wirklich überrascht sind. Da ich selbst vom Land komme, kann ich sie verstehen, denn ich wäre selbst überrascht wenn mir in meinem Heimatdorf ein Japaner über den Weg laufen und mich auf Deutsch nach dem Weg zur Bushaltestelle fragen würde.

Ansonsten war es wirklich schön, und ich könnte mir durchaus vorstellen, dort zu leben: Es gibt eine einheimische Spezialität, eine Kagawa-Variante von Udon (Name habe ich jetzt leider vergessen), es ist sehr ruhig und gemütlich, und auf der einen Seite hat man das Meer, welches im Sommer sehr warm wird und immer guten Fisch liefert während auf der anderen Seite etliche bewaldete Hügel zum Wandern direkt einladen. Zudem ist Osaka zeitmäßig nicht wirklich weiter weg als Wien, von meinem Zuhause in Österreich aus gesehen.








Zwei besonders erwähnenswerte Dinge sind mir aufgefallen: Ich habe zum ersten Mal Bahnhofsgebäude ausgemacht, die wie bei uns (am Land) aussehen und während der ganzen Zeit in Kagawa, egal ob aus dem Zug heraus, oder in der Stadt habe ich keinen einzigen Conbini (die 24-Stunden "Kreisler") gesehen, zwar Supermärkte und Geschäfte und alles, aber keinen Conbini. Ich war zwar nur ein paar Stunden dort, aber überall sonst fällt man alle paar Meter über einen, aber dort? Kein einziger. Daher ist Kagawa für mich jetzt die Präfektur ohne Conbinis.



Interessante (und lustige) Fakten/Meinungen über Japan:

Shikoku ist die kleinste der vier Hauptinseln Japans (Honshu, Hokkaido, Kyushu) und gilt auch als die am wenigsten weit entwickelte. Dementsprechend sind die meisten der auf der Insel ansässigen Firmen im Primär- bzw. Sekundärsektor tätig, obwohl der Großteil der Bevölkerung auf die Hauptinsel pendelt. Vor ca. 20 Jahren wurde die erste von heute drei Verbindungsbrücken nach Honshu eröffnet, um die verkehrsmäßige Isolierung der Insel zu beenden und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Obwohl die Anbindung an das restliche Japan dadurch stark verbessert wurde, ist der erhoffte Entwicklungs-boom ausgeblieben, und es geht nur vergleichsweise langsam voran. Damit es keine Mißverständnisse gibt: "Unterentwickelt" heißt in Japan immer noch hohes Niveau, man merkt nur einfach ganz klar, daß man am Land ist, als wäre man Wien gewohnt und würde dann irgendwo "aufs Land" nach Niederösterreich, Steiermark oder Burgenland fahren, was der Autor für seinen Teil, oft sogar bevorzugt. Intereassant ist auch, daß in Shikoku, als eine der ganz wenigen Regionen Japans, bei der Einführung des Präfekturensystem während der Meiji-Restauration, die Grenzen der alten Provinzen praktisch 1:1 übernommen wurden.

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