Donnerstag, 11. August 2011

Sommer Programm Teil 2

Am 1. August waren wir fast den ganzen Tag in Kobe unterwegs, da ein wichtiger Teil unseres Projektes die Befragung von Passanten zu ihrer Meinung über Karaoke ist. Außerdem ist es eine direkt klassische Lehrmethode um Schüler zum Sprechen einer Sprache mit fremden Einheimischen zu bringen und ihnen somit auch die Angst davor zu nehmen (was in den meisten Fällen auch funktioniert).

Da wurde uns auch derartiges gewahr




Am 2. August kam dann unser Kulturausflug nach Kyoto. Als erste Station auf unserem Ausflug besichtigten wir den Kinkaku-ji, den "Tempel des goldenen Pavillon" (金閣寺). Eigentlich heißt der Tempel, der auch über eine prächtige mittelalterliche Gartenanlage verfügt, Rokuon, aber durch die Bekanntheit des Pavillons, wird er eigentlich fast nur mehr Kinkaku genannt.
Der Pavillon wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts errichtet, steht am Rande eines großen Teiches, und seine oberen Stockwerke, welche in verschiedenen Baustilen gehalten sind. sind komplett mit Blattgold überzogen und das Ganze wird gekrönt von einem Phönix.
Bekannt ist er auch dafür, daß er Jahrhunderte unbeschadet überstanden hat, aber 1950 von einem geistig verwirrten Novizen-Mönch angezündet und damit niedergebrannt wurde (er meinte er hätte die Schönheit des Pavillons nicht ertragen) Der Brand wurde literarisch in einem Buch des sehr bekannten Schriftstellers und Traditionalisten Yukio Mishima verarbeitet.
Notiz am Rande: Der Schriftsteller ist jener, der international Berühmtheit mit der Aktion gelandet hat, 1970 mit einer Gruppe Gleichgesinnten den Armeeoberkommandanten als Geisel zu nehmen, die Rückkehr zu den alten Werten zu fordern und schließlich Seppuku, den rituellen Selbstmord beging (der aber fürchterlich schiefging, war daher wohl extrem schmerzhaft).

Plan der Anlage



Der Pavillon





Und unser Prager Freund, der es dem Mönch nachzumachen probiert :)




Nach dem Tempel ging es weiter zur Residenz des Shoguns in Kyoto (des Tokugawa-Shogunats um genau zu sein). An sich regierten die Tokugawas ja von Edo (dem heutigen Tokyo) aus, aber natürlichen unterhielten sie einen Sitz in der kaiserlichen Residenzstadt welche ja auch offiziell weiterhin Haupstadt Japans war (da ja auch der Kaiser weiterhin formell Oberhaupt des Staates war). Man kann es als eine Art Sommerresidenz betrachten, da der Shogun bzw. seine wichtigsten Beamten während des Jahres hierher kamen um wichtige Gäste zu empfangen, mit dem Abgesandten des Shoguns an den Kaiserhof zu sprechen und allgemein "nach dem Rechten zu schauen". Daher ist die Anlage auch als eine richtige (wehrhafte) Burg/Schloß angelegt mit Wassergräben, hohen Mauern etc., da sie aber in der Stadt steht, sollte man sie sich weniger als eine traditionelle Burg (höher gelegen, große Wehrtürme) als vielmehr als abgeschlossenes Areal à la Verbotene Stadt vorstellen (nur in Miniausgabe im Vergleich). Es gibt einen größeren äußeren Palast, in dem die täglichen Geschäfte, Empfänge etc durchgeführt wurden und der durch seine (typisch japanische) Vielzahl verschachtelter Räume, alle versehen mit herausragenden Wandmalereien, deren Motive mit der Verwendung des Raumes korrespondieren, gekennzeichnet ist, und einen inneren Palast, als Rückzugs- und Ruheort, extra abgetrennt durch einen Wassergraben und eine Mauer. Der Innere Palast hat das typische Schicksal von japanischen Schlössern (größtenteils Holzkonstruktion) durchgemacht: Blitzschlag, abgebrannt, wieder aufgebaut, Stadtbrand, abgebrannt, wieder aufgebaut. Wobei das heutige Konstrukt teilweise aus Räumen aus einem anderen Palast besteht, welche der Kaiser (nach seiner übernahme der Anlage) zum Aufbau heranschaffen ließ (soweit ich das richtig verstanden habe).
Eine Spezialität des Äußeren Palastes sind die sogenannten Nachtigall-korridore/-gänge. Der Holzboden der (Verbindungs-) Gänge sieht an sich ganz normal aus, aber in Wirklichkeit sind die Bretter mittels einer raffinierten Konstruktion so beschaffen, daß sie bei jedem Schritt ein Quietschen von sich geben, welches Vögeln (von Nachtigallen, daher der Name) ähneln soll. Dies wurde zum Schutz vor Überraschungsangriffen und Anschlägen gebaut, da sich niemand einschleichen kann, man hört immer wenn jemand kommt, bzw. sich durch den Palast bewegt.

Die Anlage im Plan



Das große Zugangstor zum Äußeren Palast (nach dem Mauertor)



Der Äußere Palast



Der Innere Palast



Leider habe ich keine Photos der Wandmalereien, da in den Räumen photographieren verboten ist, da es den Farben sehr schaden kann.


Danach hatten wir Mittagspause mit freier Zeiteinteilung, welche wir in einem größeren Einkaufszentrum verbrachten. David und ich wollten uns wie üblich ein kleines Lokal in einer der Seitengassen suchen, aber leider hatten wir dafür nicht genug Zeit. Was wir unter anderem stattdessen besucht haben, war "Mr. Donut". Mister Donut ist, wie der Name schon sagt, eine Doughnut-Kette mit einer riesigen Auswahl absolut süßer Doughnuts, Shakes und anderen Mehlspeisen, USA Kenner können die "Dunkin' Donuts" Kette als Vergleich heranziehen (die in den 90ern Mr. Donut in Amerika übernommen hat). Heutzutage ist, laut David, Japan der Hauptmarkt, was einen insofern überraschen kann, wenn man bedenkt, daß japanischen Süßigkeiten bzw. Zucker im Allgemeinen bei weitem nicht so süß, bzw. soviele Kalorien haben wie westliche, und die Japaner meinen, mit solchen Sachen nicht ganz so gut wie wir zurechtzukommen. Mit importierten Rezepten scheinen sie aber weniger Probleme zu haben. Was soll's, da zum Glück auch in Kobe mehrere Mr. Donut in der Umgebung sind, kann ich mich auch dort diesen hingeben!
Obwohl ich auch ganz besonders gerne in Bäckereien gehe, da sie dort auch sehr tolle Sachen verkaufen, zum Beispiel Krapfen mit gewürztem Faschierten (Hackfleisch für meine bundesdeutschen Freunde) gefüllt. Genial! Warum ist bei uns noch keiner auf diese Idee gekommen?!

Danach ging es weiter zum Kiyomizu-Tempel (jener den ich auch im Herbst zur Blätterschau, Momiji, besucht habe), der auf einem kleinen Hügel über Kyoto thront. Der buddhistische Tempel geht zurück bis ins ausgehende 8.Jahrhundert, wobei die meisten heutigen Gebäude aus dem 17. Jahrhundert stammen. Die Haupthalle und die weite Terrasse davor ruhen auf einer 13 Meter hohen beeindruckend anzusehenden hölzernen Balkenkonstruktion an einem steilen Hang. Es gibt die japanische Redewendung "Die Terrasse des Kiyomizu hinunterspringen", was soviel bedeutet wie bei uns "den Sprung (ins kalte Wasser) wagen" bzw Augen zu und durch. Angeblich geht die Redewendung auf einen "Brauch" der Edo-Zeit zurück, daß Leute die von der Terrasse springen und es überleben ihren Wunsch erfüllt bekommen, wobei das Überleben dadurch gesichert werden sollte, daß die vielen Bäumen unter der Terrasse den Fall abfedern.
Für die Leute die gern weiterführende Infos im Netz suchen: Ich weiß, daß praktisch überall (inklusive Wikipedia) steht, daß laut Aufzeichnungen genau 234 Personen gesprungen sind, nebst genauer Überlebensrate, aber ich schreibe nur wie ich es erzählt/erklärt bekommen habe, und von diesen genauen Zahlen weiß ich nichts, vor allem nicht ob sie stimmen. Ich würd' das Nachprüfen vor Ort nicht empfehlen.
Bekannt ist auch der Miniwasserfall aus drei verschiedenen Strömen Wasser, da diesem Wasser Heil- und Wunscherfüllungskräfte nachgesagt werden, obwohl es sich hierbei um reinen Volksglauben handelt, da meines wissens nach nicht einmal der Tempel diese Meinung vertritt.
Auf dem Tempelareal gibt es auch, in typisch japanischer pragmatischer Religiösität, mehrere Shintoschreine, in deren Nähe man Souvenirs wie Amulette kaufen kann oder auch, sehr beliebt, kleine Holztafeln und -schachteln, auf die man Gebete, Wünsche, Sinnsprüche oder anderes schreibt bzw. kleine Gegenstände rein gibt, die auf Gehängen neben den Schreinen angebracht werden, auf das sich die Wünsche erfüllen mögen (wer sich an den Film "Wasabi" mit Jean Reno erinnert: Er holt einer dieser aufgehängten Schachteln aus dem Kiyomizutempel, die er mit seiner früheren Freundin dort angebracht hatte).
Es werden auch andere Dinge verkauft, aber unter den Schreinen ist, vor allem bei der Jugend, besonders der Liebesschrein mit den Liebessteinen beliebt. Das sind zwei kleine Felsbrocken, die in ca. 20 Meter Entferung in einer geraden Linie aufgestellt wurden, und wenn man es schafft, mit geschlossenen Augen von einem zum anderen zu kommen, dann findet man die wahre Liebe. Es kann einem dabei von einem Freund mittels Zurufen geholfen werden, allerdings bedeutet das, daß man beim Finden der wahren Liebe auch einen Unterstützer braucht der einen zusammenbringt.

Die Straße zum Tempel



Der Tempeleingang



Aufgehängte Täfelchen (es sind viel mehr auf der ganzen Anlage verteilt)





Die Haupthalle mit Terrasse



Ein Teil der Balkenkonstruktion



Wer wagt den Sprung?



Blick über Kyoto



Zum Vergleich: Bilder aus dem Sommer und Herbst (das erste von der Hauphalle siehe oben)












Danach ging's zurück nach Hause, nach Kobe. Es war ein langer und anstrengender Tag, und beinahe alle haben daher im Bus eine Zeitlang geschlafen, aber der Ausflug war es wirklich mehr als wert, obwohl einige (inklusive mir) gern mehr Zeit gehabt hätten um uns alles noch genauer anzuschauen (v.a. der Besuch der Residenz des Shoguns war knapp bemessen).

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