Mittwoch, 3. August 2011

Sommer Programm Teil 1

Das Sommerprogramm an der Universität Kobe ist natürlich komplett durchgeplant: Jeden Tag beginnt der Unterricht um 9:30, und geht, inklusive Mittagspause, bis 17:00 Uhr. Also offiziell bis 17:00, in Wirklichkeit wird fast immer um beinahe eine halbe Stunde überzogen. Im Programm wird abgewechselt zwischen reinem Sprachunterricht, der in 4 Gruppen aufgeteilt ist, von den Anfängern(wo ich rumhänge), bis zu den Fortgeschrittenen, und ich meine WIRKLICH fortgeschritten und den Kulturvorlesungen, wo alle zusammen sind. Dazu ist einmal ein Tagesausflug nach Kyoto geplant, wo wir uns den goldenen Pavillion, den Kyomizu-Tempel und den Sommerpalast des Shogun ansehen werden.
Untergebracht sind wir übrigens alle in einem kleinen Hotel in der Stadt, mit wirklich kleinen Zimmern. Der Vorteil ist, daß man abends zu Fuß alles leicht erkunden kann (falls man nicht zu müde ist), aber zur Uni und zurück jeweils eine dreiviertel Stunde benötigt. Außerdem werden wir nicht die ganze Zeit im Hotel wohnen, nach den ersten Tagen, wird jeder einzelne etwas mehr als eine Woche bei einer Gastfamilie verbringen, also japanisches Leben hautnah und pur, sozusagen.
Die letzten Tage vor dem Heimflug wieder im Hotel, wobei Lindi und ich ein paar Tage anhängen um uns noch die Hauptstadt Tokyo anzusehen.

Die ersten Tage verliefen relativ unspektakulär: Unterricht, sich mit der Stadt vertraut machen und mit den anderen Studenten abends etwas unternehmen (besonders hervorzuheben: "Mister Brilliant", David Catell). Große Ausnahme: Wir wohnten einer traditionellen Teezeremonie bei, die für uns in einem, eigens für solche Zwecke, gebauten Gebäude der Universität veranstaltet wurde.
Leider habe ich keine Photos davon, da ich noch keine digitale Kamera besitze, aber Nick hat mir dankenswerterweise seine gegeben. Auch haben wir einen Nachmittagsausflug zu historischen Stätten und Sehenswürdigkeiten in Kobe gemacht.

Die Einführungsveranstaltung (wer findet die Nicht-Asiaten? ;)



Das Teeset für die Zeremonie



Die zubereitenden Damen und natürlich: Verbeugen (Mal was Neues in Japan)





Ein Photo von unserer Sprachgruppe beim Ausflug, ein paar Leute fehlen (ja, hatte damals ein paar Kilo mehr, gut erkannt)




Danach gings dann zu den Gastfamilien und damit hat der Spaß erst so richtig angefangen!
Die Gastfamilien sind zwar meistens schon länger dabei, sodaß sie schon seit Jahren im Sommer ausländische Studenten beherbergen, aber aufgrund des Überhangs von asiatischen Studenten kriegen sie nicht oft westliche (und wenn, dann meistens Amerikaner), eine "interessante" Erfahrung für alle Beteiligten. Wie Leser meines Blogs wissen, hatte ich das Glück eine sehr nette und teils "unjapanische" Familie zu bekommen, die wirklich versuchten, mir den Aufenthalt zu angenehm wie möglich zu machen, mir vieles zeigten und mich oft herumkutschierten.
Die erste Aktion war mir endlich eine digitale Kamera zu kaufen und damit gibt's ab diesem Zeitpunkt Photos (von mir).

Mit meinen Gasteltern bin ich dann auch gleich nach Nara gefahren, um den Todai-Tempel zu besuchen, mitsamt dem Dai-Butsu, dem großen Buddha. Der Tempel ist aus mehreren Gründen interessant: Er beherbergt die größte Buddhastatue Japans, 16m hoch (30 mit Sockel), komplett aus Bronze, mit Gold überzogen. Die Haupthalle, in der die Statue steht, ist mit ca. 50x50x50m das größte reine Holzgebäude der Welt und wurde im 8. Jahrhundert gebaut, als Nara eine Zeitlang Hauptstadt des Kaiserreichs war und das Kaiserhaus den Buddhismus annahm und für dessen Verbreitung sorgte (auch in vielen anderen Bereichen nahm man sich zu dieser die chinesische Kultur als starkes Vorbild).
Die Haupthalle wurde einige Male durch Feuer zerstört, aber immer wieder neu aufgebaut (wobei sie früher angeblich sogar noch um einiges größer gewesen sein soll). Noch zu erwähnen wären das später gebaute Eingangstor mit zwei riesigen Wächterstatuen und das Rotwild. Im Park des Tempels leben nämlich mehrere hundert Exemplare von japanischem Rotwild und da sie als heilig gelten, können sie sich auf dem Gelände vollkommen frei bewegen und dürfen auch nicht verletzt werden. Logischerweise gibt es unzählige Stände, die spezielle Kekse zum Füttern der Tiere verkaufen (aber Vorsicht: Sobald die Viecher merken, daß man sowas hat, ist man sofort umzingelt und die knabbern wirklich alles an).

Die Haupthalle



Die Buddha-Statue



Ein Modell einer der früheren Haupthallen und der gesamten Anlage (die Pagoden existieren in dieser Form aber auch nicht mehr)





Eine der Wächter-Statuen und das liebe Vieh






Am letzten Julitag haben einige Leute und ich an der Uni traditionelle Kimonos ausprobiert (eigentlich eine Abart davon, die Variante für den Sommer, das Bad bzw. für zu Hause, den Yukata 浴衣). Sie sind ja sehr angenehm zu tragen aber die eigentlichen Schuhe dazu (Holzsandalen, die Geta) sind sehr gewöhnungsbedürftig (man fällt sehr leicht auf die Schnauze).

Die tapferen Samurai ...



... und die lieblichen Fräulein




Am Abend ging dann eine große Gruppe von uns zu einem Baseballspiel der Lokalfavoriten, der Hanshin Tigers. Es gibt zwar ein eigenes Kobeteam, aber in Osaka und Umgebung sind die Tigers das Um und Auf. Organisiert wurde das Ganze vom Briten Nick und dem britischen Professor Harrison (einem richtigen Tigers Fan). Ich habe den Besuch schon mal kurz im Blog beschrieben, aber um es nochmal zu wiederholen: Baseball ist in Japan wohl der mit Abstand beliebteste Sport noch weit vor allen anderen (inklusve Fußball). Japanisches Baseball (Yakyu 野球) unterscheidet sich ein wenig vom amerikanischen in den Regeln, aber nur marginal. Die Tigers-Fans sind landesweit bekannt für die besonders starke und enthusiastische Unterstützung ihres Teams, sie sind richtige Fans.
Dementsprechend ist bei Spielen das Stadion immer gut besetzt und die Stimmung hervorragend, wie etwa ein gutes Fußballspiel bei uns. Trotzdem bleiben sie Japaner, denn bei den Spielen gibt es "Fan-Einweiser" die Fahnen schwenken und anzeigen welcher Schlachtgesang als nächstes zu singen ist und welcher Rythmus geklatscht wird. Es gibt auch eine Tigers Fan-Spezialität: Am Ende des siebten Innings werden von den Fans hunderte (tausende) Luftballons mit Pfeifröhrchen losgelassen und das Tigers Kampflied gesungen. Am Ende nach Heimspielen feiern sie nach Siegen auch immer noch vor dem Stadion, was in Japan sonst selten vorkommt.
Normalerweise bin ich ja der Meinung, daß Baseball (beim Zuschauen) langweilig ist, aber die Stimmung, die die Tigers-Fans verbreiten, macht es wirklich zum Erlebnis und ich glaube ich bin selbt ein bißchen Hanshin Tigers Fan. Leider gibt es auch immer Schattenseiten, sodaß Tigers-fans auch als Grobiane gelten und die einzigen Hooligans der Liga haben, die sich auch schon mal kleiner Schlägereien mit anderen Fans liefern und Vandalismus betreiben.
Idioten gibt's eben überall.

Ein Photo der Fans und die Fan-Einweiser bei der Arbeit





Die Ballons sind bereit




Erwähnenswert ist auch noch ihr Heimfeld, das Hanshin Kôshien Stadium. Es ist über 80 Jahre alt (das älteste meines Wissens nach), faßt um die 50.000 Zuschauer und ist eines der berühmesten Stadien Japans. Sogar Babe Ruth war mal zu einem Vorführungsspiel im Stadion.
Hier findet auch das einizige statt, daß gleich oder noch beliebter bei Sportfans in Japan ist, als professionelles Baseball: High-School Baseball.
So komisch es auch klingen mag, aber die beiden Nationalturniere (im Frühjahr und das größere im Sommer), die im Stadion abgehalten werden, gehören, obwohl eigentlich nur auf Amateurniveau, zu den jährlichen Großereignissen des Sports in Japan, insbesondere das Sommerturnier. Nicht nur, daß sie im nationalen Fernsehen live gezeigt werden, es geht sogar so weit, daß, falls es zu einer Überschneidung mit einem Tigers-Heimspiel kommt, diese nachgeben und ihr Heimspiel verschieben müssen.

Wir feiern den Sieg vor dem Stadion! (Das Video ist leider sehr dunkel)



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