Donnerstag, 3. Januar 2008

Heil dem Kaiser!

Wie erwähnt war ich in Tokyo, und bei dieser Gelegenheit haben Helmut (mein Sempai, er studiert schon sei 1 1/2 Jahren hier) und ich Seine Majestät Kaiser Akihito zu seinem Neujahrsgruß besucht.
Heute berichte ich nur darüber, ein kompletter Überblick über meinen Trip nach Tokyo das nächste Mal.

Die äußeren Anlagen des Kaiserpalastes werden zweimal im Jahr für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht (die inneren nie), einmal am 23.12. zum Geburtstag des derzeitig amtierenden Kaisers, sowie am 2. Jänner zur Feier des neuen Jahres. An beiden Tagen zeigt sich auch die kaiserliche Familie am Balkon (geschützt, hinter einer Glaswand), und Seine Majestät hält jeweils eine kurze Ansprache, wobei die zu seinem Geburtstag länger dauert. Am 23. konnte ich leider aus Zeitgründen nicht in Tokyo sein, also bin ich am 2.1. zum Palast marschiert. An beiden Tagen besuchen unzählige Japaner den Palast, weswegen sich die Kaiserfamilie mehrmals im Laufe des Tages zeigt, um dem Ansturm gerecht zu werden. Am Eingang des Palates werden von Kindern kleine japanische Papierflaggen an jeden Besucher verteilt, mit welchen sie begeistert winken, sobald sich der Tenno zeigt.


Der amtierende Tenno (天皇 etwa: himmlischer Herrscher, Fürst) gilt als modern und aufgeschlossen gegenüber Neuem, er ist auch der erste Kaiser, der eine bürgerliche Frau geheiratet hat (der Adel wurde nach dem Krieg abgeschafft, jedoch war ihre Familie auch vorher nicht Teil des Adels) und auch der erste Kaiser der studiert hat. Zur bürgerlichen Heirat: Männern der Kaiserfamilie ist es grundsätzlich gestattet bürgerliche Frauen zu heiraten, ohne Auswirkungen auf ihren Status (aber es wurde nicht gerne gesehen). Weibliche Mitglieder der Familie können zwar auch Männer "aus dem Volk" heiraten, verlieren aber damit ihren Rang als Mitglied des Kaiserhauses und müssen auf all ihre Privilegien verzichten. Auch können Frauen nicht direkt Kaiserin werden, allerdings konnten sie anstatt eines anderen Mitglieds, z.B. wegen Minderjährigkeit, die Regierungsgeschäfte übernehmen und als Regentin fungieren, aber nur bis zur Thronbesteigung des eigentlichen Kaisers. Vor der Geburt des jüngsten Thronfolgers wurde des Gesetz heftig diskutiert, wobei die Bevölkerung Japans durchaus mit einer Änderung einverstanden, aber das kaiserliche Hofamt dagegen war. Das Hofamt untersteht der Regierung (nicht dem Kaiser) und ist für Angelegenheiten betreffend das Kaiserhaus zuständig. Diese Institution ist das wirkliche rückständige Instrument, denn seine Mitglieder sind oft erzkonservativ und bestehen auf sehr auf alte Bräuche und Traditionen, die den Kaiser manchmal von seinem Volk entfremden.


Hier ein Photo vom Amt, es befindet sich auf dem Gelände des Palastes in Tokyo.




Teilweise ist es aber verständlich, wenn man die lange Geschichte der Familie betrachtet. Diese stellt nun den Kaiser, nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ununterbrochen, seit ca. dem 5. Jahrhundert nach Christus (die japanische Tradition meint seit dem 6. vor Christus, allerdings ist dies nicht historisch belegt) und ist damit die älteste noch "regierende" Dynastie der Welt. Wobei er aber die Hälfte der Zeit keine wirkliche Regierungsgewalt innehate, sondern nur eine symbolische Stellung, allerdings war er immer "der Kaiser" für das Volk.

Auch heutzutage, genauer: seit dem 2. Weltkrieg, hat der Kaiser keinerlei politische Macht mehr und ist das "Symbol des Staates und der Einheit des Volkes". Für die Japaner ist Er Japan schlechthin, eine moralische Instanz und der Ausdruck ihrer langen und reichen Kultur.
Ich persönlich finde es schade, daß wir in Österreich keinen Kaiser mehr haben, denn ein Kaiser, natürlich ohne Regierungsmacht, aber als Symbol unserer langen und stolzen, manchmal auch glorreichen, Geschichte, wäre meiner Meinung nach durchaus eine gute Sache (wobei aber, wenn möglich, nicht an den skandalträchtigen englischen Royals, sondern an anderen Familien Vorbild zu nehmen wäre).


Hier ein paar Photos vom Palast und Seiner Majestät, sowie zwei Videos, eines vom Einmarsch in den Palast (im Hintergrund hört man traditionelle Shamisen-Musik, die dabei gespielt wurde) sowie von der Ansprache.
Beide Videos dankenswerterweise von Helmut zur Verfügung gestellt.


Die berühmten, auf Postkarten etc. so oft verwendeten, Brücken im Palast.




Der Platz vor dem Balkon war überfüllt, das ist nur ein kleiner Ausschnitt




Ein Gardist




Die kaiserlichen Familie (nur ein Teil, sie hat viel mehr Mitglieder)




Ihre Majestäten: Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko




Interessantes Detail: Der Kaiser spricht im bescheidenen Stil. In dieser Form der japanischen Sprache werden, mittels spezieller Grammatik und Vokabeln, eigene Dinge demütig geäußert. Man "erniedrigt" sich selbst um dem anderen Respekt zu erweisen.






Drei Patrioten (he he)




Die restlichen Photos sind, na, ihr wißt schon wo.



Interessante (und lustige) Fakten/Meinungen über Japan:

Wie in einer früheren Ausgabe erwähnt, ist heuer das Jahr Heisei 20 nach dem japanischen Kalendar. Dies wird bewirkt durch die Tatsache, daß mit der Thronbesteigung eines neuen Kaisers eine neue Epoche beginnt, wobei das Jahr 1 vom Tag der Thronbesteigung bis zum 31. Dezember geht, denn abgesehen von den Jahren benutzt Japan komplett den gregorianischen Kalendar (das Jahr 1 hat eine eigene Bezeichnung da es sich nicht mit dem normalen Kalendar deckt). Allerdings gibt es diese Art der Berechnung auch erst seit der Meiji-Restauration (1868), zuvor wurden auch neue Epochen begonnen, selbst wenn kein Thronwechsel stattfand. Der neue Kaiser wählt einen Namen für seine Epoche, welcher auch sein Regierungsmotto darstellt, bestehend aus 2 Kanji, welche aus einer festgelegten Reihe ausgewählt werden. Zur Zeit ist dies Heisei (平成 etwa: Frieden überall). Der amtierende Kaiser bestieg den Thron 1989 womit eben 2008 das Jahr 20 gemäß dieser Zeitrechnung ist.
Die Vorgängerzeit war Showa (unter ehemals Kaiser Hirohito 1926-1989), damit liegt das Geburtsjahr des Autors dieser Zeilen, unserer Zeitrechnung nach 1983, nach japanischer Zeitrechnung im Jahr Showa 58.

Interessant ist, daß ein Kaiser nach seinem Tod den Namen seiner Epoche annimmt und danach auch referenziert wird. So wird, wenn man z.B. Kaiser Hirohito meint, der Name Showa als Bezeichnung verwendet, was oftmals zu Verwirrung, selbst unter Japanern, führen kann. Ein beliebter Faux-pas für etwas kundige Ausländer ist es, den amtierenden Kaiser bei seiner Epoche zu nennen, was aber falsch ist, da es sich ja um einen posthumen Namen handelt. Da hilft nur mehr entschuldigen für den Fehltritt im Nachhinein.


Anmerkung der Redaktion: Auch nächsten Mittwoch wird es keinen Eintrag geben, da ich morgen zu meinem Schitrip nach Nagano aufbreche, und erst am Donnerstag zurückkomme.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Feine Sache so ein Kaiser ohne Rechte, da stimm ich dir zu!

lG
Thor