Montag, 21. Januar 2008

Die östliche Hauptstadt - Tokyo

Es ist länger her, daß ich einen Eintrag hinterlassen habe, da ich einerseits auf Ski-Urlaub war (Bericht das nächste Mal) und andererseits einige Kurse an der Uni erledigt (mehr oder weniger) habe.
So hatte ich letzte Woche 2 Semesterarbeiten abzugeben, sowie 3 Präsentationen (1 Gruppen- 2 Individualpräs.) zu halten, wobei eine davon 1 1/2 Stunden dauerte und teils auf Englisch teils auf Japanisch war. Ja, es war eine anstrengende und zeitaufwendige Woche. Das Gute daran: Für rund die Hälfte meiner Kurse habe ich jetzt nichts mehr zu tun, und die andere Hälfte ist nicht so anstrengend.

Jetzt aber zur versprochenen Zusammenfassung meines Tokyo-Trips.

Nach Tokyo bin ich per Flugzeug mit einer japanischen Linie vom Kobe-Airport geflogen. Anmerkung: Flugbegleiter japanischer Fluglinien sind alle weiblich, jung, und fast immer ausgesprochen hübsch, was durch ihre modischen Uniformen betont wird. Dies ist keineswegs sexistisch oder ähnlich gemeint, es gilt als inoffizielle Anforderung in Japan, und normal werden Stewardessen zu einem großen Teil nach diesen (inoffiziellen) Kriterien ausgesucht.
(Die Uniformen der AUA, ob männlich oder weiblich, finde ich persönlich sehr häßlich)

Der Kobe-Airport ist ganz neu (Eröffnung 2006), dient ausschließlich zu Inlandsflügen, weswegen er sehr klein ist und liegt auf einer kleinen künstlichen Insel gleich südlich von Port Island (der Portliner-Zug verbindet beide Insels mit dem Festland).
Es gab einige Kontroversen bezüglich des Baus und Betriebs des Flughafens, unter anderem da der Kansai International Airport praktisch in der Nachbarschaft liegt, auf die ich aber nicht genauer eingehen werde (u.a. wirtschaftliche, technische und politische Gründe). Soweit ich gehört habe, gibt es auf Wikipedia (Deutsch und Englisch) einige gute Zusammenfassungen der Problematik, für jene, die es interessiert.






Dankenswerterweise durfte ich bei Helmut übernachten, obwohl sein Heim gerade neu gebaut wird, und die Heimbewohner daher für 1-2 Jahre in ein Container-heim umziehen mußten. Dementsprechend ist sein jetziges Zimmer winzig (ca. 6,5m²), die Japaner wird es wohl nicht so stören, die sollten an wenig Platz gewohnt sein.




Wie bereits letztes Mal berichtet waren wir dann bei Seiner Majestät, wo wir auch einige Bekannte von Helmut getroffen haben, ein Japaner und zwei Deutsche. Später in der Stadt ist dann etwas komisches passiert: Irgendwie ist es dazu gekommen, da0 Helmut und ich die japanische Hymne gesungen haben, mit der Deutschen (aus Bayern) und der Fahne in der Mitte.
Man stelle sich das Bild genauer vor: Drei Ausländer, 2 Männer 1 Frau, inmitten Tokyo, die Frau hält vor der Brust eine kleine japanische Flagge, während die Männer sie flankieren und die japanische Hymne singen.
Ja, unsere Assimilierung schreitet gut voran.
Widerstand ist zwecklos.


Übrigens ist der Hauptbahnhof von Tokyo (Stationsname Tokyo) architektonisch nach englischem Vorbild gebaut worden.




Nach dem Essen sind wir dann weitergezogen nach Akihabara, dem berühmten Technik Geek/Otaku Viertel von Tokyo. Um's in einem Satz zu sagen: Du bist interessiert an Computer/ Spiele/ Anime-Manga oder etwas ähnlichem? Fahr dorthin. Sofort. Akihabara muß man zumindest einmal gesehen haben, wenn man in Tokyo war.






In Roppongi waren wir nicht, aber um es mit den Worten eines Bekannten zu sagen: Gott existiert in Roppongi nicht, der ist auf Urlaub oder sonstwas.

Dafür haben wir einen Blick auf eines, der im Moment sehr angesagten, Maid-Kissa geworfen, d.h. soviel wie Dienstmädchen/-magd Café. In diesen Cafés sind die Kellner ausnahmslos junge hübsche Mädchen, in, je nach Café verschiedenen, Dienstmädchenuniformen. Sie sprechen mit hoher, zuckersüßer Stimme und in einer grammatikalischen Form, die den Gast besonders hochstellt und mit einer anderen, die sie selbst niedriger stellt. Zudem verwenden sie Phrasen als würde der Besucher in seine Villa nach Hause kommen. Das hört sich dann in etwa so an: "Willkommen zu Hause mein verehrter Herr/Gebieter. Womit darf ich Euch heute dienen? Bitte macht es euch gemütlich während ich Euch serviere." etc. Bei uns, oder noch schlimmer in den USA, frage ich mich wie lange es wohl dauern würde, bis die ersten Demonstrationen und Proteste von Feministinnen einsetzen? Reingegangen sind wir dann nicht, da wir nicht 1 Stunde warten wollten, aber gesehen muß man sowas auch einmal haben.
In Akihabara kann man die Verrücktheit der Japaner sehr gut beobachten.

Als Modellbausatz:
Ich präsentiere: Der Nazi-Käfer




Unsere Begleiter sind dann nach Hause, während Helmut und ich uns auf den Weg zum Yasukuni Schrein machten, wobei wir einen kleinen Spaziergang durch die ruhigeren Gebiete Toyos gemacht haben. In diesen ist es sehr schön, und man kommt sich vor, wie in einer Stadt mit der Größe von Bruck oder Graz; Tokyo gilt nunmal auch als "grünste" Metropole der Welt.
Der Yasukuni-Schrein ist jener Schrein, der immer wieder für Kontroversen in der Politik sorgt, da dort die Seelen der Gefallenen verschiedener Kriege seit 1855, verehrt werden, unter anderem aber auch einige von verurteilten Kriegsverbrechern des 2. weltkrieges, was vor allem China sauer aufstößt.
Ich werde nicht auf die näheren Umstände eingehen, da das Theme inklusive Referenzen auf Politik, Aufarbeitung, Religion und Kultur, mindestens einen eigenen, wenn nicht mehrere Einträge füllen würde. Es sei nur soviel gesagt, daß es bei weitem nicht so einfach zu erklären und zu handhaben ist, wie viele Leute vielleicht meinen.




Beim Schrein befindet sich auch ein Museum mit verschiedene Exponanten, zum Beispiel:

Der Pilot wartet vor seinem Zero-Jäger (Mitsubishi A6M) auf die Inspektion durch den Kommandanten






Eine der beiden 20mm-Kanonen der A6M5




Auf Okinawa gefundenes, mit Einschußlöcher versehenes, Artillerie-Geschütz




Neben dem 2. Weltkrieg, eigentlich hier "Großer Ostasiatischer Krieg", da auch die Kämpfe in China seit '37 einbezogen sind, befaßt sich ein Großteil aber (zur Zeit) mit dem Russisch-Japanischem Krieg von 1904/05. Wir habem diese Ausstellungen aber nicht angesehen, da es schon recht spät war, das Museum war vor dem Schließen, und zwei Geschichtefreaks wie wir für so etwas aber mehrere Stunden benötigen (von den anschließenden Diskussionen darüber ganz zu schweigen).

Es ist dann Nacht geworden und nach der Rückkehr in Helmuts Heim, bin ich dann nach Hause gefahren, diesmal mittels des Nozomi-Shinkansen. 589 Kilometer in 2 Stunden 48 Minuten, und zwar genau 2h 48min wie im Fahrplan angegeben, ich kann die Genauigkeit dieser Züge (Shinkansen) nicht oft genug erwähnen (na gut, vielleicht waren's 2h 47min).

Fazit: Tokyo ist/war sehr schön und interessant und ich würde es gerne wieder besuchen, aber aufgrund seiner Größe würde ich dort nicht auf Dauer leben wollen.


Ein großer Dank an Helmut für seine Gastfreundschaft und seine Tätigkeit als Fremdenführer!


Das nächste Mal berichte ich dann über meinen Schi-ausflug nach Nagano, sowie kurz auch noch über Neujahr in Kobe.



Interessante (und lustige) Fakten/Meinungen über Japan:

Tokyo (東京) bedeutet wortwörtlich "Östliche Hauptstadt" und ist erst seit 1868, seit der Meiji-Restauration und dem Umzug des Kaisers von Kyoto in den ehemaligen Shogunpalast nach Tokyo, offizielle Hauptstadt Japans, und löste damit nach ca. 1000 Jahren Kyoto als Hauptstadt ab (ein Umstand den viele Bewohner von Kyoto noch immer bedauern). Die Stadt trägt auch erst seit diesem Jahr den Namen Tokyo, zuvor hieß sie Edo, und war während des Tokugawa-Shogunats (seit 1603), obwohl nicht offiziell Hauptstadt, politisches und verwaltungstechnisches Zentrum des Landes sowie Sitz des Shoguns. Daher wird diese Epoche 1603-1853/1868 (1853-1868 gilt mehr oder weniger als Zwischenepoche) auch im Allgemeinen als Edo-Zeit bezeichnet.
Heute gibt es eigentlich keine wirkliche "Stadt" Tokyo. Es existieren die inneren 23 Stadtbezirke mit ca. 8,5 Millionen Einwohner, welche alle eine eigene Verwaltung besitzen und als eigene Städte fungieren; die Präfektur Tokyo, mit 12-13 Millionen Einwohener die bevölkerungsreichste, bestehend aus den inneren Bezirken und angehängten Regionen (wobei interessanterweise auch einige Inseln im Pazifik dazu gehören); Und der Ballungsraum Tokyo, welcher sich in andere Präfekturen erstreckt (so gehört auch die Stadt Yokohama dazu) und mit knapp 35 Millionen die größte Metropolregion der Welt ist.
Alle 3 Bezeichnungen existieren offiziell und werden verwendet. Sie besitzt damit eine gewisse Ähnlichkeit zu Wien, welches gleichzeitig Stadt, Land und Hauptstadt Österreichs ist.

Tokyo ist eine der wichtigsten Städte der Welt und gilt trotz ihrer Größe als sehr sauber und grün, und auch als eine der sichersten Großstädte der Welt. Der Autor persönlich macht sich mehr Sorgen in der Nacht durch den Grazer Stadtpark zu gehen, als durch den Ueno-Park in Tokyo (Obwohl Graz natürlich auch sehr sicher ist, keine Frage).


Diese Stadt gehört mit Sicherheit auch zur Liste jener Städte, die jeder Mensch einmal im Leben besucht haben sollte.

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